KUB 2025.01
Precious Okoyomon
01 | 02 – 25 | 05 | 2025
Pressekonferenz
Donnerstag, 30. Jänner 2025, 11 Uhr
Eröffnung
Freitag, 31. Jänner 2025, 19 Uhr
Artist Talk
Samstag, 1. Februar 2025, 11 Uhr
Die Werke von Precious Okoyomon bewegen sich zwischen Kunst, Poesie und Performance. Sie setzen sich mit Identität, Kolonialgeschichte, Spiritualität und der Beziehung der Menschen zu Dingen und der lebendigen Umwelt auseinander. Dabei verbinden sich intime persönliche Fragen mit politischen und gesellschaftlichen Themen.
Bereits vor der Pandemie wurde Okoyomon vom Kunsthaus Bregenz eingeladen – als jüngste*r Künstler*in in der Geschichte des Hauses, damals erst 27 Jahre alt. Einem breiteren Publikum wird Okoyomon durch Installationen bekannt, die organische Materialien wie Erde, Pflanzen und Tiere einbeziehen. Bei der Biennale in Venedig 2022 verwandelte Okoyomon eine Halle der Arsenale in ein üppiges, wucherndes Ökosystem. Ausladende Skulpturen, dicht wachsende Schlingpflanzen, geschwungene Pfade und kleine Wasserläufe in tropischer Atmosphäre schufen einen Erlebnisraum, der Prozesse der Natur mit afrofuturistischen Visionen verband – und zugleich die Migrationsgeschichte der Pflanzen sowie deren Verdrängung thematisiert.
Für das Kunsthaus Bregenz wurden mehrere neue Arbeiten entwickelt, die unterschiedliche Themen untersuchen. Im Erdgeschoss befinden sich zwei Räume, die an die psychoanalytische Praxis Sigmund Freuds erinnern. Antike Möbel aus der Zeit um 1900 schaffen eine Atmosphäre, die zugleich vertraut und distanziert wirkt. Mitarbeiterinnen in eigens entworfener Kleidung treten mit den Besucher*innen in Dialog und stellen Fragen zu Träumen, Erinnerungen und verborgenen Gefühlen. In einem Regal stehen Bücher zu Themen wie Liebe, Kochen und arabischer Poesie, aber auch Werke von Édouard Glissant, der in seiner Arbeit auf die produktiven schöpferischen Wechselwirkungen zwischen den Kulturen hinweist. Das Muster der Tapete besteht aus Kinderzeichnungen von Precious Okoyomon. Die hybriden Figuren mit ihren großen Köpfen, puppenhaften Körpern und flammenden Augen wirken sowohl verträumt als auch dämonisch, sie laden dazu ein, in die Tiefen der eigenen Psyche einzutauchen.
Die Stiegenhäuser des Kunsthaus Bregenz wurden für die Ausstellung von Precious Okoyomon verdunkelt. Eine zusätzlich eingezogene Decke verengt den Gang nach oben und schafft ein neues Raumgefühl.
Im ersten Obergeschoss hängen Plüschtiere von der Decke. Mit echten Federn versehen wirken sie wie hybride, kindlich-verspielte Wesen, die sowohl Zerbrechlichkeit als auch Geborgenheit verkörpern. Wie häufig in Okoyomons Werk geht es um Träume und Leichtigkeit, Zerbrechlichkeit und Zuwendung, Liebe und Umsorgen. Kuscheltiere beschützen Kinder, sie sind Gefährt*innen und Freund*innen, spenden Trost und dienen als Projektionsflächen kindlicher Fantasien.
Ein gigantischer Plüschbär im zweiten Obergeschoss schafft eine intime Atmosphäre. Seine tropfenförmigen Augen, die Herzen an den Pfoten und sein bekümmerter Blick regen dazu an, Momente der Trauer und Selbstvergessenheit zu erleben. Die Installation wird begleitet von Musik der Soundkünstlerin Takiaya Reed, deren sphärische Klänge tranceartige Zustände fördern und den Übergang in die Welt der Wachträume begleiten – in jenen schwebenden Moment zwischen Wachen und Schlaf, in dem sich Gedanken auflösen und lebhafte innere Bilder entstehen.
Im obersten Geschoss des Kunsthaus Bregenz empfängt die Besucher*innen ein Garten. Neben verpuppten Raupen im Prozess der Metamorphose schwirren bereits geschlüpfte Schmetterlinge durch die Luft. Außerhalb des feuchtwarmen Habitats flimmert ein Film, der einen Flug über den Hudson River zeigt. Der Film wurde für die Ausstellung im Kunsthaus Bregenz produziert, Okoyomon selbst steuert das Flugzeug. Die Bilder vermitteln ein Gefühl von Grenzenlosigkeit und Freiheit. Kennzeichnend ist die Vorstellung eines Ichs, das sowohl Dinge und das Leben der materiellen Welt als Quelle spiritueller Inspiration begreift.
Neben raumgreifenden Installationen hat sich Okoyomon durch Gedichte einen Namen gemacht, die oft in Performances integriert sind. Der Gedichtband Ajebota von 2016 – Okoyomon ist damals erst 23 Jahre alt – stößt auf positive Resonanz. Die poetischen Texte sind experimentell und verbinden persönliche Gedanken mit gesellschaftspolitischen Themen. Es geht um die Erkundung des Körpers und das Erleben reiner Emotionen. Okoyomons Texte handeln von den Erfahrungen als schwarze, queere Person; sie sind zart, ungeschönt und naiv, ebenso intim wie unbehaglich.
Precious Okoyomon (*1993, London) ist ein*e nigerianisch-amerikanische*r Dichter*in und Künstler*in. Okoyomon lebt und arbeitet in Brooklyn, New York. Einzelausstellungen wurden 2024 in der Fundación Sandretto Re Rebaudengo in Madrid ausgerichtet, 2021 im Aspen Art Museum und im Performance Space New York, 2020 im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt und 2018 im Luma Westbau in Zürich. 2024 nahm Okoyomon an der 60. Biennale di Venezia teil, auf der sie den Nigerianischen Pavillon bespielte, sowie 2023 an der 11. Sequences Biennial in Reykjavík und der Thailand Biennale in Chiang Rai, 2022 an der 59. Biennale di Venezia und am Okayama Art Summit, 2021 am 58. October Salon der Belgrad Biennale und 2018 an der 13. Baltic Triennial in Tallinn. Darüber hinaus war Okoyomon 2024 an Gruppenausstellungen in der Fondation Beyeler in Basel, 2022 im LUMA Arles und 2021 im Palais de Tokyo in Paris beteiligt. 2019 realisierte Okoyomon Performances in den Serpentine Galleries und dem Institute of Contemporary Arts in London. Okoyomon erhielt 2021 den Frieze Artist Award sowie den Chanel Next Prize. Im September 2024 erschien Okoyomons Lyrikband But Did You Die?.